RISIKOBEWERTUNG und KARTIERUNG

Informationen für Praktiker

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Eine systematische Herangehensweise der öffentlichen Verwaltungen an das Thema Überflutungen durch Starkregen ist in den meisten europäischen Ländern relativ neu. Einige wenige Länder stellen jedoch bereits auf nationaler oder regionaler Ebene abgestimmte Methoden zur Verfügung, die in Leitfäden zusammengefasst sind. In den folgenden Listen finden Sie die in Ihrer Region gültigen Vorgehensweisen, die Sie beachten können. Wenn Ihre Region nachstehend nicht angeführt ist, können Sie auf den entsprechenden Verwaltungs-Websites Ihres Landes oder Ihrer Region suchen oder andernfalls die folgenden Abschnitte lesen, um mehr über mögliche Herangehensweisen zu erfahren.

Hier finden Sie Antworten auf die folgenden Fragen:

Gibt es in meiner Region Vorgehensweisen, die ich nutzen könnte?

Eine systematische Herangehensweise der öffentlichen Verwaltungen an das Thema Überflutungen durch Starkregen ist in den meisten europäischen Ländern vergleichsweise neu. Einige wenige Länder stellen jedoch bereits national oder regional abgestimmte Methoden zur Verfügung, die in Leitfäden zusammengefasst sind. In der untenstehenden Box können Sie sehen, ob es für Ihre Regionen bereits abgestimmte Verfahren gibt, die Sie beachten können. Wenn Sie Ihre Region nicht in den untenstehenden Listen finden, können Sie auf den entsprechenden Verwaltungs-Websites Ihres Landes oder Ihrer Region suchen oder die folgenden Texte lesen, um mehr über mögliche Vorgehensweisen zu erfahren.

Wenn nicht: Welche Methoden zur Gefährdungsbeurteilung und -kartierung könnten mir helfen?

Für die Bewertung der Gefahren von Starkregen steht eine Vielzahl von Methoden zur Verfügung, die bereits in verschiedenen europäischen Ländern angewandt wurden. In diesem Abschnitt werden drei gängige Methoden kurz erläutert, die für lokale Verwaltungen leicht zugänglich sind. Weitere vorhandene Methoden sind in der untenstehenden Tabelle der RAINMAN-Erfahrungen zu finden.

Verschaffen Sie sich einen Überblick über die verschiedenen Methoden:
Zweck, Daten und andere Anforderungen, Kartierungsmöglichkeiten, Vor- und Nachteile

Empirische Methoden

Wenn Informationen aus vergangenen Überflutungsereignissen vorliegen, kann eine erste Einschätzung vorgenommen werden, ob die Region wahrscheinlich häufig überflutet wird oder durch Starkregenereignisse überflutet zu werden droht.  Informationen aus Zeitungsartikeln, Fotos, Filmen, Dokumentationen und Erinnerungen von verschiedenen Beteiligten wie Einwohnern, Geschäftsleuten, Katastrophenschutz, Kirche oder Gemeinde und Historikern sollten zusammengetragen werden, um alle verfügbaren Informationen zu erhalten. Auf der Grundlage der von bestimmten Ereignissen gesammelten Informationen können die überfluteten Gebiete kartiert werden. Zusätzliche GIS-Analysen könnten weitere Informationen wie z.B. Wassertiefen liefern.

Empirische Methoden können ein erster Hinweis sein, wenn keine besseren Daten und nur wenig Geld für eine umfassende Risikobewertung zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können empirische Methoden die Ergebnisse anspruchsvollerer Methoden wie hydrodynamische Simulationen unterstützen. Die Sammlung von Beobachtungen vergangener Ereignisse erfordert kein spezielles Expertenwissen, kann aber sehr zeitaufwendig, bruchstückhaft und daher fehlerhaft sein.

Fließweganalysen

GIS-Geländeanalysen können verwendet werden, um Tiefenlinien von Regionen mit mäßigen Höhenunterschieden/Neigungen zu identifizieren. In solchen Tiefenlinien sammelt sich das Regenwasser und fließt zum nächsten Fluss oder See. Diese Analysen können dazu verwendet werden, die Hauptabflusswege des Regenwassers zu identifizieren, aber es können keine Informationen über überflutete Flächen, Wassertiefen, Fließgeschwindigkeiten oder einen zeitlichen Verlauf des Hochwassers gewonnen werden.

Grundlage für diese Methode sind Geländedaten in ausreichender Auflösung (z.B. 1m*1m), die durch manuelles Hinzufügen von Geländebruchlinien (z.B. Straßen, Mauern, Durchlässe, Straßenquergefälle), welche die Fließwege maßgeblich beeinflussen können, verbessert werden können. Ein GIS-Experte muss die Methode anwenden, da er/sie über mehrere Berechnungsparameter (Füllung von Mulden, …) entscheiden muss und Probleme mit dem Algorithmus bei steilen und flachen Geländebereichen zu bewältigen hat.

Es ist hilfreich, Personen mit Kenntnis des lokalen Geländes und Erfahrung mit Starkregen einzubeziehen, um die Plausibilität der Berechnungsergebnisse zu überprüfen.

Mit relativ geringem Aufwand liefern Fließweganalysen einen ersten Anhaltspunkt, wo in Regionen mit mäßigen Geländeneigungen Probleme mit Starkregen-Oberflächenabfluss auftreten können. Belastbare Analyseergebnisse hängen stark von der Auflösung des digitalen Geländemodells, von manuellen Ergänzungen kleiner Strukturen und von GIS-Berechnungsparametern ab. Sie liefern keine Hinweise auf Wassermengen, den zeitlichen Verlauf der Überflutung, Wassertiefen usw.

Hydrodynamische Simulationen

Hydrodynamische Simulationen basieren auf mathematischen Gleichungen, die den Abfluss des Regen auf der Geländeoberfläche und seine Infiltration in den Boden beschreiben. Diese Analysen liefern Informationen über überflutete Flächen, Wassertiefen, Fließgeschwindigkeiten und die zeitliche Entwicklung des Hochwassers.

Solche hydrodynamischen Simulationsmodelle erfordern die Wahl eines bestimmten Regenereignisses, Geländedaten in hoher Auflösung, Gelände-Oberflächen- und Bodenversickerungseigenschaften, die alle zusammen das Oberflächenabflussverhalten des Regenwassers auf seinem Weg zum nächsten Fluss/See beschreiben. Die manuelle Einbeziehung hydraulisch relevanter Bauwerke (Mauern, Straßen, Durchlässe) in das Geländemodell wird empfohlen. Es ist möglich, auch das städtische Abwassersystem in solche Simulationen einzubeziehen, falls es für das betrachtete Starkregenszenario eine signifikante Rolle spielen kann. Geeignete Software und ein Experte für numerische Simulationen, z.B. aus einem technischen Büro mit ausreichender Erfahrung in der Starkregenmodellierung, sind erforderlich, um all diese Faktoren angemessen zu berücksichtigen.

Es kann hilfreich sein, Personen mit lokalen Geländekenntnissen und Starkregenerfahrung einzubeziehen, um die Plausibilität der Berechnungsergebnisse zu überprüfen. Plausible Ergebnisse bieten eine gute Grundlage für die Kommunikation mit weiteren Akteuren und Privatpersonen, um Raumplanungsbedürfnisse, Bauvorschriften für Gebäude, Katastrophenschutz und private Maßnahmen zu koordinieren.

Hydrodynamische Analysen veranschaulichen, wo Probleme mit starkregenbedingtem Oberflächenabfluss in Regionen mit mäßigen bis hohen Geländeneigungen auftreten können. Zusätzlich können die Gefahren des Starkregenereignisses quantifiziert werden. Belastbare Analyseergebnisse hängen in hohem Maße von der Auflösung des digitalen Geländemodels, der manuellen Ergänzung kleiner Strukturen und der Eignung der verwendeten Berechnungsparameter ab. Die Kosten für die Gefahrenanalyse sind hoch, da Fachwissen, spezielle Software und Daten erforderlich sind.

Wenn Sie mehr über die verschiedenen Methodentypen erfahren möchten, besuchen Sie die Seite RISIKOBEWERTUNG und KARTIERUNG – Informationen für Experten.

BITTE BEACHTEN SIE: Alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben bereits Hochwasser Risikobewertungen und -karten für Flüsse und Wildbäche veröffentlicht. Diese Risikobewertungen und -karten für Flüsse und Wildbäche sind nicht mit Hochwasser aus Starkregen zu verwechseln, da die Merkmale unterschiedlich sind:

  • Bei Flusshochwasser steigen die Wasserstände im Fluss an und und das Gelände wird vom Fluss ausgehend durch Überborden überflutet – „von unten nach oben“
  • Bei Hochwasser durch Starkregen kann das auf die Geländeoberfläche auftreffende Regenwasser nicht vollständig in den Boden versickern oder von der Kanalisation aufgenommen werden und fließt auf der Geländeoberfläche hangabwärts zum nächsten aufnehmenden Fluss, See oder zur nächsten Geländesenke, die sich füllt. Die Hochwassergefahr durch Starkregen verläuft also “von oben nach unten”.

Lassen Sie sich von den RAINMAN-Erfahrungen leiten...

Darüber hinaus können Ihnen die Erfahrungen unserer RAINMAN-Experten helfen, die richtige Wahl zu treffen:

“Es wird dringend empfohlen, alle Schäden und die damit verbundenen Wasserstände mit Hilfe von Fotos, Karten und anderen Aufzeichnungen nach jedem Ereignis zu dokumentieren. Eine detaillierte Schadensdokumentation und ein detaillierter Bericht sind Voraussetzung für die Schadensregulierung durch die Versicherungsgesellschaften.”

Kartierung des betroffenen Gebietes und Bewertung der Schäden – Kirchsteigbachtal und Triebischtal, Stadt Meißen – Erfahren Sie mehr 

“Nutzen Sie die Analyse der Fließwege, um einen schnellen und kostengünstigen Eindruck von Ihren potenziellen Fließmustern zu erhalten, um potenziell gefährdete Bereiche und Objekte zu identifizieren. Sie können die Analyse der Fließwege auch als Ausgangspunkt für eine weitergehende, vertiefte Analyse verwenden.”

Axel Sauer, Leibniz-Institut für ökologische Stadt- und Regionalentwicklung, zur Fließweganalyse – Erfahren Sie mehr 

“Um die gesamte Dynamik während eines schweren Starkregenereignisses zu kennen, müssen ein hydrologisches Modell und ein Kanalisationsmodell in ein städtisches Hochwassermodell integriert werden! Denken Sie daran, dass reale Starkregenereignisse simuliert werden müssen, um solche Modelle mit qualitativen Schadensdaten aus verschiedenen Quellen zu verifizieren!”

Stefan Leitner, Technische Universität Graz, über integrierte Starkregenrisikokarten für die Stadt Graz – Einzugsgebiet Annabach – Erfahren Sie mehr  

Weitere Methoden und Ansätze zur Bewertung und Kartierung von Starkregenrisiken wurden im RAINMAN getestet. Entdecken Sie alle UNSERE GESCHICHTEN, wenn Sie mehr darüber erfahren möchten.

Zusätzlich sind auch methodische Studien und Berichte zugänglich, die wichtigsten DOWNLOADS finden Sie hier.

Warum und wie sollte ich eine Risikobewertung und Kartierung durchführen?

Es ist wichtig, möglicherweise betroffene Personen und Vermögenswerte, die sogenannten Schutzgüter, zu identifizieren (z.B. Kleinkinder in barrierefreien Kindergärten ohne Obergeschoss, Krankenhausinfrastruktur in ungeschützten Kellergeschossen).

  • Identifizieren Sie Schutzgüter, die durch Starkregen einen Schaden erleiden könnten.
  • Schätzen Sie den möglichen Schaden ab (z.B. gesundheitliche Beeinträchtigungen, Zerstörung von Vermögenswerten, Betriebsunterbrechungen, Verlust von Infrastrukturleistungen, Umweltverschmutzung).
  • Beurteilen Sie die Bedeutung des potentiellen Schadens.

Dies kann auf qualitative oder quantitative Weise erfolgen, siehe die folgenden Boxen für weitere Informationen.

Qualitative Risikobewertung

Anhand der Ausdehnung der Überflutung, Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten in den betroffenen Gebieten kann eine erste Auswahl potenzieller Risikopunkte getroffen werden. Gebäudekeller können schnell überflutet werden und eine Lebensgefahr darstellen. Wassergefährdende Stoffe aus Industrieanlagen könnten die Umwelt verschmutzen, und exponierte elektrische Umspannwerke ohne Hochwasservorsorgeeinrichtungen könnten leicht zusammenbrechen. Mit diesem Ansatz können spezielle Risikopunkte für weitere Maßnahmen zur Risikominderung identifiziert werden.

Diese recht einfache qualitative Risikobewertung, die auf gemeinsamen Überlegungen und sorgfältiger Abwägung beruht, kann von Experten der Gemeinde, der Industrieanlagen und des Katastrophenschutzes durchgeführt werden.

Quantitative Risikobewertung

Bei einer quantitativen Risikobewertung werden Schäden an verschiedenen Arten von Vermögenswerten wie Häusern, Autos, Industrieanlagen oder Vieh in Geldwerten ausgedrückt. In der Regel beschreiben Schadenskurven den z.B. mit der Wassertiefe zunehmenden Schaden. Für potentielle Starkregenschäden sind solche Kurven noch nicht erstellt worden. Darüber hinaus ist die monetäre Schadensbewertung auf direkte und materielle Schäden beschränkt und deckt Themen wie gesundheitliche Auswirkungen, Produktionsausfall oder Folgekosten von Verkehrsunterbrechungen nicht ab.

Eine quantitative Risikobeurteilung muss von Risikoexperten für Naturgefahren, z.B. aus wissenschaftlichen Institutionen oder spezialisierten technischen Büros, durchgeführt werden.

Welche Akteure sollten einbezogen werden?

Als Kommune ist es hilfreich, mehrere Akteure für das Thema Starkregen zu gewinnen, da sie Multiplikatoren bei der Minderung von Risiken durch Starkregen sind:

  • Lokale Raumplaner können helfen, gefährdete Gebiete von Gebäuden und Infrastruktur freizuhalten und so Schäden an wertvollen Gütern zu verhindern
  • Einbeziehung von Bauämtern: Sie können bestimmte bauliche Maßnahmen vorgeben, die sicherstellen, dass Hochwasser aus Starkregen nicht in das Gebäude eindringen und Schäden verursachen kann
  • Beziehen Sie Landwirte mit Feldern oder Viehbeständen oberhalb von Siedlungen oder Straßen ein – die Landwirte können ihre Bewirtschaftungsmethoden anpassen, um die Schadensrisiken für Gebäude und Infrastrukturen zu mindern.
  • Beziehen Sie Bürger/innen und Geschäftsleute mit ein, um sie auf mögliche Starkregenrisiken aufmerksam zu machen, und ermutigen Sie sie, Selbstschutzmaßnahmen zu ergreifen.
  • Einbeziehung von Katastrophenschutz und Entwurf von Katastrophenschutzplänen für gefährdete Infrastrukturen und öffentliche Einrichtungen.
  • Ziehen Sie einen Experten für Starkregenrisiko hinzu, der Sie in dieser Frage berät (z.B. von Ihrer regionalen Behörde, von einem technischen Büro, von der Landwirtschafts- oder Handelskammer oder von einer landesweiten Versicherungsgesellschaft). Zusätzlich können ein oder zwei Händler für Hochwasserschutzausrüstung die Funktionen von Eigenvorsorgevorrichtungen veranschaulichen.
  • Darüber hinaus verfügen alle oben genannten Beteiligten möglicherweise über lokale Geländekenntnisse und Erfahrungen mit Starkregen, die Sie bei der Überprüfung Ihrer Berechnungsergebnisse unterstützen können. Das ist wiederum für die Akzeptanz der Gefahrenszenarien entscheidend.

Was ist als nächstes zu tun?

Nach der Gefahren- und Risikoabschätzung liegen Informationen über mögliche Fließwege, Überflutungsgebiete, Wassertiefen, Fließgeschwindigkeiten und die zeitliche Entwicklung der Überflutung für bestimmte Starkregenszenarien vor. Die kartierten Gefahren und die daraus resultierenden Überlegungen zu Risikopunkten und sensibler Infrastruktur helfen, Regionen oder Anlagen zu identifizieren, in denen Risikominderungsmaßnahmen dazu beitragen könnten, mögliche Schäden an bestehenden oder zukünftig vorhandenen Schutzgütern zu vermeiden oder zu reduzieren. Die Interessenvertreter sind beteiligt und bereit, die Durchführung von Maßnahmen ihrer Rolle entsprechend zu unterstützen.

Nun kann der Entscheidungsprozess zur Auswahl von Maßnahmen aus verschiedenen Perspektiven begonnen werden:

  • die höchsten Risiken zuerst zu reduzieren,
  • die Maßnahmen mit dem höchsten Risikominderungspotenzial zuerst umzusetzen,
  • die Maßnahmen mit der besten Akzeptanz der Akteure zuerst umzusetzen,
  • die kostengünstigsten Maßnahmen zuerst umzusetzen,
  • die Maßnahmen mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis zuerst umzusetzen.

Die Prioritätensetzung sollte den Kommunen und Fördergebern überlassen bleiben, da eine maßgeschneiderte Lösungen für standortspezifische Anforderungen unter Berücksichtigung aller Umstände und Akteure erforderlich sind.

Riskreductiuonmeasures

Die RAINMAN-Toolbox bietet einen umfassenden Überblick über mögliche Maßnahmen: Erkunden Sie unseren KATALOG der 100 MASSNAHMEN zur RISIKOMINDERUNG