Werkzeug Maßnahmen zur Risikominderung
RAUMPLANUNG ANPASSEN
Was finden Sie hier?
Die Raumplanung hat aufgrund ihrer interdisziplinären Koordinationsfunktion und der immanenten Berücksichtigung verschiedener Interessen und Anliegen sowie der verfügbaren Planungsinstrumente ein großes Potenzial zur Verminderung der Starkregenrisiken. Diese Rubrik bietet lokalen und regionalen Planerinnen und Planern einen Überblick über raumplanerische Ansätze für das Starkregenrisikomanagement sowie allgemeine Handlungsempfehlungen. Da die konkreten Möglichkeiten, raumplanerische Maßnahmen zur Minderung von Starkregenrisiken umzusetzen, sehr von der spezifischen Rechtslage im jeweiligen Land abhängen, erhalten Sie auch länderbezogene Informationen.
Was ist RAUMPLANUNG und wie kann sie zur Verringerung der Risiken beitragen?
Die Raumplanung hat die Aufgabe, konkurrierende Nutzungsansprüche und Zielkonflikte zu koordinieren. Gleichzeitig können multifunktionale Nutzungspotentiale identifiziert und entwickelt werden. Auch der Klimawandel, geprägt z. B. durch die Zunahme von Starkregenereignissen, hat Auswirkungen auf Raumstrukturen und -nutzungen. Die Anpassung an den Klimawandel, um Risiken durch Starkregen zu reduzieren, ist daher ein sehr wichtiges Thema der Raumplanung.
Indem Ziele zur Reduzierung des Starkregenrisikos in die Raumplanung integriert werden, können die Risiken auf lokaler und regionaler Ebene verringert werden. Vor allem Gefahren- und Risikokarten sind eine wichtige Grundlage für die Gestaltung von Strategien zur Starkregenrisikominderung mit Hilfe von Instrumenten der Raumplanung.
Was ist bei der Berücksichtigung von Starkregenrisiken in der Raumplanung wichtig?
Bei aktuellen Planungsentscheidungen, z.B. zur Gestaltung von Siedlungsgebieten, Infrastrukturen sowie Frei- und Naturräumen, ist die Raumplanung gefordert, sich sowohl mit heutigen als auch mit zukünftig zu erwartenden Naturgefahren auseinanderzusetzen. Risiken und Schadenspotenziale können insbesondere durch eine frühzeitige Berücksichtigung in raum- und gebietsbezogenen Planungen reduziert werden.
In RAINMAN wurden allgemeine Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Starkregenrisikomanagements in der Raumplanung erarbeitet:
Handlungsempfehlungen:
Starkregenrisiken sind nur ein mögliches Umweltrisiko.
Räumliche und ganzheitliche Konzepte berücksichtigen verschiedene Fachplanungen und Aspekte der Klimaanpassung und des Klimaschutzes. Die Minderung von Starkregenrisiken ist also nur ein Planungskriterium für die Auswahl von wasserwirtschaftlich orientierten Vorsorgemaßnahmen. Neben einer Zunahme der Dauer und Intensität von Starkregenereignissen ist zu erwarten, dass in Zukunft auch Hitzeperioden, die Dauer von Dürren und die Intensität von Stürmen zunehmen werden. Im Idealfall werden Maßnahmen gewählt, die Synergien nutzen und zur Anpassung an verschiedene Auswirkungen des Klimawandels geeignet sind (z.B. unterstützen Dachbegrünungen den Rückhalt von Regenwasser, reduzieren aber auch die Temperatur in der Umgebung).
Aber auch Zielkonflikte zwischen verschiedenen Handlungsfeldern sollten bei Planungsentscheidungen so früh wie möglich berücksichtigt werden.
Da es sich bei Starkregen um lokal auftretende Ereignisse handelt und die Folgen sehr stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängen, sollten Maßnahmen zur Reduzierung des Starkregenrisikos insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene implementiert werden, z.B. in kommunalen Raumplänen. Die räumliche Planung auf diesen Ebenen kann die Verringerung des Starkregenrisikos und die Bewältigung der neuen Herausforderungen der Klimaanpassung wirksam unterstützen.
Bei neuen (städtischen) Entwicklungen sollten gebietsbezogene planerische Maßnahmen berücksichtigt werden, die die Risiken von Starkregen reduzieren. Maßnahmen zur sicheren Ableitung von Oberflächenwasser und zur Vermeidung von Schäden lassen sich in der Planung häufig wirksamer und besser umsetzen als in bestehenden Siedlungen. So ist es beispielsweise einfacher, hochwassergefährdete Gebiete z.B. von Gebäuden freizuhalten oder nur hochwassersichere Bauten zuzulassen, als bestehende Siedlungsstrukturen anzupassen (Reduzierung versiegelter Flächen, Schutz von Gebäuden etc.).
Starkregenrisiken können in der Raumplanung sowohl über formelle als auch über informelle Planungsinstrumente berücksichtigt werden. Formelle Instrumente schaffen durch ihre rechtliche Verbindlichkeit die notwendige Planungssicherheit. Sie sollten so ausgestaltet werden, dass in den verschiedenen Handlungsfeldern eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels und eine Reduzierung der Risiken möglich ist. Informelle Ansätze fördern kreativere Lösungen und bieten daher eine gute Möglichkeit, neue Varianten und Alternativen einzuführen.
Die Raumplanung bestimmt die langfristige Nutzung und Funktion von Räumen und muss daher viele zukünftige Unsicherheiten berücksichtigen, wie z.B. demografische Veränderungen, die Transformation des Energiesystems und den Klimawandel. Die heutige gute Praxis der Raumplanung kann in Zukunft zu ungünstigen Entscheidungen führen, wenn unvorhersehbare Folgen des Klimawandels die Lebensqualität möglicherweise erheblich beeinträchtigen. Deshalb ist eine ausreichende Flexibilität zur Anpassung an die sich ändernden Umweltbedingungen zu wahren, um die Verwundbarkeit von Regionen und Siedlungen zu reduzieren und die Lebensqualität durch adaptive Planungsmethoden zu verbessern.
Folglich sollten Planungsprozesse und -instrumente dahingehend flexibel gestaltet werden, dass nicht ein einziger umfassender Plan mit abschließenden Aussagen erstellt wird, sondern aufeinanderfolgende strategische Entscheidungen getroffen werden können und verbindliche Wirkungen entfalten.
Der Klimawandel und seine Folgen, wie die zunehmende Gefahr durch Starkregen, sind ein wichtiges Thema und betreffen sowohl ökologische als auch soziale und wirtschaftliche Aspekte der Raumentwicklung. Städte, Siedlungen, Straßen, Schienen- und Wasserwege sowie Ver- und Entsorgungsinfrastrukturen können von den Folgen des Klimawandels betroffen sein. Für diese Nutzungen werden langfristige raumplanerische Entscheidungen getroffen. Die in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen über die heutige räumliche Nutzung sollten kritisch geprüft und im Hinblick auf die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel auch hinterfragt werden.
Planerinnen und Planer sollten sowohl Risiken als auch Chancen für eine Stadt oder Region an alle betroffenen Akteure kommunizieren. Dies sollte so früh wie möglich geschehen, um eine gemeinsame Ebene zu schaffen, unterschiedliche Ziele zu koordinieren und sie als Akteure in die Planungsprozesse einzubeziehen. Für die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des Starkregenrisikos müssen daher geeignete Kooperations- und Koordinationsmechanismen geschaffen werden.
Angesichts des wahrscheinlichen Ausmaßes der notwendigen Anpassungen an Starkregenrisiken und andere Folgen des Klimawandels ist es wichtig, auf die Sicherung von Ressourcen und Finanzen hinzuarbeiten. Vor allem lokale Behörden brauchen dabei Unterstützung. Bei den vorgeschlagenen Anpassungsmaßnahmen handelt es sich oft nicht um Standardverfahren, sodass das erforderliche Budget und die Wirkung der Maßnahme oft nicht genau bekannt sind. Die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Analysen können daher für die Priorisierung von Finanzierungsalternativen eine gute Grundlage bilden.
Strategien und Maßnahmen der lokalen räumlichen Planung zur Reduzierung des Starkregenrisikos
Aus den oben skizzierten Handlungsempfehlungen lassen sich zur Risikoreduzierung Strategien und generische Maßnahmen aus dem Bereich der Raumplanung ableiten.
Anpassung der lokalen Planungsaktivitäten
Aktuelle Planungsentscheidungen sollten die Risiken von Starkregen berücksichtigen, zum Beispiel bei der Gestaltung von Siedlungsgebieten, Infrastrukturen, Frei- und Naturräumen. Dazu gehören sowohl Anpassungen in bebauten Gebieten als auch die Integration des Themas in neue Vorhaben.
- Berücksichtigung durch informelle Planungsinstrumente
- Berücksichtigung des Starkregenrisikos in der Erstellung oder Anpassung räumlicher Pläne
- Intrakommunale Zusammenarbeit
- Vermeiden des Bauens in Gefahrenzonen
Weitere Informationen finden Sie im KATALOG DER 100 MASSNAHMEN ZUR RISIKOMINDERUNG.
Es gibt eine Vielzahl spezifischerer Möglichkeiten, bebaute und unbebaute Gebiete an die Risiken von Starkregen anzupassen. Ein großer Teil der Maßnahmen im Bereich der Raumplanung lässt sich in drei Kategorien einteilen.
Versickerung und Vermeidung von Oberflächenversiegelung
Der Bau von Straßen und Gebäuden erhöht den Versiegelungsgrad kommunaler Flächen. Wenn Regenwasser nicht im Boden versickern kann, läuft es bei starken Regenfällen unkontrolliert ab. Je mehr Flächen versiegelt sind, desto weniger Regenwasser kann in den Boden versickern und desto höher ist der Oberflächenabfluss. Um die Versickerungsfähigkeit von Flächen zu verbessern, sollten Neuversiegelungen minimiert, wasserdurchlässige Materialien und Beläge verwendet und gepflasterte Flächen entsiegelt werden.
- Vermeiden des Bauens in Gefahrenzonen: Prävention durch Ausweisung von spezifischem Grünland oder Schutzzonen in Entwicklungs- oder Bebauungsplänen
- Versickerungsmulden
Weitere Informationen finden Sie im KATALOG DER 100 MASSNAHMEN ZUR RISIKOMINDERUNG.
Regenwasser sicher ableiten
Regenwasser wird in der Regel bis zu einer bestimmten Bemessungsgrenze über das unterirdische Kanalsystem abgeleitet. Es gibt darüber hinaus auch Möglichkeiten, um Regenwasser aus Starkregenereignissen oberirdisch kontrolliert abzuleiten, zum Beispiel über speziell angelegte Gräben und Rinnen oder durch die Nutzung von Verkehrsflächen für den Oberflächenabfluss. Diese Anlagen können z.B. als separates, vom Abwasser getrenntes Entwässerungssystem ausgeführt werden.
- Graben- und Muldensysteme zur Ableitung von Oberflächenwasser
- Nachhaltige städtische Entwässerungssysteme zum Sammeln, Ableiten und Zurückhalten von Regenwasser
- Multifunktionale Verkehrs- und Parkflächen, die als Notentwässerungswege oder als temporäre Retentionsflächen für ablaufendes Niederschlagswasser dienen
Weitere Informationen finden Sie im KATALOG DER 100 MASSNAHMEN ZUR RISIKOMINDERUNG.
Regenwasser zurückhalten und sammeln
Die Wasserrückhaltekapazität eines Gebietes hat einen großen Einfluss auf die Auswirkungen eines Starkregenereignisses. Der Oberflächenabfluss kann durch verschiedene Maßnahmen reduziert werden, entweder durch temporäre Speicherung, durch Förderung der Verdunstung, aber auch durch Ableitung des Regenwassers für dessen spätere Versickerung. Solche Retentionsräume sollten von Gebäuden und Infrastrukturen frei gehalten werden. Gleichzeitig ermöglicht die Speicherung von Regenwasser auch dessen Nutzung für geeignete private oder industrielle Zwecke.
- Kleine Rückhaltebecken
- Schaffung und Pflege von Retentionsflächen im Siedlungsgebiet
- Erhöhung der Rückhaltekapazität existierender Gerinne und Überflutungsflächen (naturnaher Gewässerrückbau)
Weitere Informationen finden Sie im KATALOG DER 100 MASSNAHMEN ZUR RISIKOMINDERUNG.
Den Hintergrund verstehen: Raumplanungssysteme in verschiedenen Ländern vor dem Hintergrund des Klimawandels
Konkrete Handlungsoptionen zur Verringerung des Starkregenrisikos durch raumplanerische Maßnahmen sind eng mit der jeweiligen nationalen Gesetzgebung verknüpft. Die Möglichkeiten und Grenzen für die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos hängen stark vom nationalen und/oder gebietsspezifischen Planungssystem, seinen Instrumenten und Prozessen ab. Es ist daher unerlässlich, das jeweilige nationale Planungssystem, seine Möglichkeiten und Grenzen zu kennen und zu verstehen. Erfahren Sie mehr über Raumplanung in den verschiedenen Ländern.
Die EU hat keine formale Kompetenz in der Raumplanung; es gibt jedoch auf Ebene der EU zahlreiche Richtlinien, die auch räumliche Ansätze betrachten. Eine kurze Zusammenfassung und Einführung in dieses Thema ist hier verfügbar.
Erfahren Sie mehr [pdf, 350 KB]
Die österreichische Verwaltungsstruktur besteht aus dem Bund, neun Bundesländern und 2.095 Gemeinden (Statistics Austria, 04.06.2020). Die Raumplanung in Österreich wird vorrangig durch die Bundesländer geprägt, deren Raumordnungsgesetze zwar ähnlich sind, sich im Detail aber erheblich unterscheiden.
Erfahren Sie mehr [pdf, 465 KB]
Gemäß des „Physical Planning Act” sind Raumpläne hierarchisch in Pläne auf staatlicher Ebene, Pläne auf regionaler Ebene und Pläne auf lokaler Ebene unterteilt. Die strategischen Pläne enthalten Leitlinien, während Ausführungspläne einen bestimmten Nutzungszweck und Bedingungen vorgeben. Sie dienen als Grundlage für die Erteilung von Genehmigungen. Die Pläne werden aufeinander abgestimmt und mit übergeordneten Plänen bis hin zum nationalen Plan in Einklang gebracht.
Erfahren Sie mehr [pdf, 472 KB]
- Einführung in das tschechische Raumplanungssystem [pdf, 1 MB]
- Reduktion des Starkregenrisikos durch Instrumente der Raumplanung [auf Englisch und Tschechisch verfügbar, pdf, 3.8 MB]
Die Kompetenzen der Raumplanungsbehörden unterscheiden sich je nach ihrer Stellung innerhalb des föderalen deutschen Verwaltungssystems. Die Ebenen der Raumplanung in Deutschland umfassen die nationale Ebene, die Ebene der Länder, die regionale und die kommunale Ebene. Auch die Kompetenzen im Bereich der Raumplanung unterscheiden sich je nach Verwaltungsebene.
Erfahren Sie mehr [pdf, 2 MB]
- Einführung in das ungarische Planungssystem [auf Englisch verfügbar, pdf, 571 KB]
- Sehen Sie sich auch die Auswertung einer regionalen Studie an [Ungarisch, pdf, 15 MB]
Der Spatial Planning and Development Act vom 27. März 2003 (geänderte Fassung) regelt das Raumplanungssystem in Polen, einschließlich der Entwicklung von Raumordnungspolitiken und Raumplänen (Konzepte, Pläne, Studien), und weist den administrativen Einheiten unterschiedliche Befugnisse zu. Die lokale Ebene ist der wichtigste Akteur in der polnischen Raumplanung.
Erfahren Sie mehr [pdf, 592 KB]
UNSERE GESCHICHTEN
Umsetzung des Maßnahmenkatalogs in der kommunalen Raumplanung Südböhmens, Tschechische Republik
Für die Tschechische Republik wurde eine umfassende Studie durchgeführt, die die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs durch raumplanerische Instrumente in der Pilotaktion Südböhmen analysiert. Klicken Sie auf das Bild und informieren Sie sich zu den Ergebnissen. Sie erhalten spezifischere Informationen über die Umsetzung von Maßnahmen zur Risikominderung im Pilotgebiet Südböhmen sowie Links und herunterladbare Materialien mit detaillierteren Informationen, Empfehlungen und Beispiele einer guten Praxis.
Integration von Aspekten des Starkregenrisikomanagements in den Regionalplan Oberes Elbtal/Osterzgebirge, Deutschland
"In Deutschland gibt es kaum Beispiele zur Berücksichtigung von Starkregenereignissen auf regionaler Ebene. In der Region Oberes Elbtal/Osterzgebirge wurde eine vereinfachte Risikobewertung in Form einer Flächenpriorisierung durchgeführt. Berücksichtigt wurden talabwärts von Abflussbahnen und Steillagen gelegene Siedlungslagen, Verkehrswege, Gewässer und regionale Schwerpunkte der Fließgewässerrenaturierung. Wir können feststellen, dass die Regionalplanung in Zusammenarbeit mit Fachbehörden und wissenschaftlichen Institutionen einen Rahmen für wirksame Maßnahmen zur Verminderung von Wassererosion schaffen kann." (Michael Holzweißig, Regionaler Planungsverband Oberes Elbtal/Osterzgebirge, DE)